Klimawandel und Wildverbiss waren Thema der gemeinsamen Begehung von Gemeinde- und Ortschaftsrat, Forstamtsleiter Karlheinz Schäfer, Revierleiter Sebastian Dreher und den fast vollzählig erschienenen Jagdpächtern am vergangenen Freitag,12. April 2024. In einem ersten Waldbild im Bereich innerer Allmand, Abhang Platzeichen führte Herr Schäfer aus, dass es sich um einen sehr guten Bestand handle. Der Buchenwald stehe auf gutem Boden und zeige eine ökologische Waldgesellschaft und sei vor Jahren auf den Weg gebracht worden. In der Naturverjüngung finde man vereinzelt Tannen, Eichen, Ahorn und andere Gehölze, jedoch nicht flächig. Bei der Forsteinrichtung sei auf die Verbisssituation eindrücklich hingewiesen worden. Sofern eine Verbesserung durch einen höheren Abschuss nicht erzielt werde, bleibe nur ein Einzelschutz der Pflanzen. Da sehe er die Jäger in der Verantwortung.
Zum zweiten Waldbild im Bereich Bohl-/Dürrswald führte Herr Schäfer aus, dass eine Durchforstung teilweise schon stattgefunden habe. Junge Buchenpflanzen habe man aus dem Bestand zurückgeschnitten. Die Tanne sei schattentoleranter als die Buchen. In den flächigen Naturverjüngungen der Fichten seien einzelne Tannen vorhanden. Die Fichten seien jedoch wuchsfreudiger und verdrängen die Tannen. Er habe eine Tanne untersucht. In 16 Jahren sei diese Pflanze lediglich 40 cm gewachsen. Die durchforstete Fläche müsse durch Pflanzung von Tannen und anderen klimastabilen Bäumen ergänzt werden. Sofern ein Verbiss nicht durch höheren Jagddruck reduziert werden könne, müsse ein Einzelschutz der Pflanzen erfolgen. Hier sehe die Forstverwaltung ebenfalls die Jäger in der Pflicht.
Im Nebenzimmer das Gasthauses Lamm hat anschließend Forstamtsleiter Schäfer Folien über Wald, Klima und Wild vorgetragen. Die Waldfläche des Landreises Tuttlingen liegt bei rd. 37.000 Hektar, davon sind 58 Prozent Körperschaftswald. Mit 43 Prozent führt die Fichte die Liste der Baumarten an. Die Buche liegt bei 31 Prozent, Tanne, Douglasie, Lärche, Kiefer bei 14 Prozent und 11 Prozent sonstige Laubbäume. Die jährlichen Durchschnittstemperaturen weisen seit 1985 eine ständige Zunahme aus. Hinzukomme die zunehmende Unregelmäßigkeit der Niederschläge mit starken Trockenphasen. Beides belaste den Forst enorm.
Die Strategie des Landkreises sei durch Naturverjüngung, Ergänzungspflanzung eine Mischung und Vielfalt zu erreichen. Vitalität und Stabilität durch passende Baumartenmischung und Pflege, Risikoreduzierung durch schnellere Hiebsreife (Durchforstung) sind die weiteren Ziele im Einklang mit angepassten Wildbeständen. Der 10 Jahresplan der Forsteinrichtung habe das Ziel, dass der Stadtwald naturnah bewirtschaftet, werden soll. Die Naturnähe zeichne sich durch die Etablierung stabiler Mischwälder und Übernahme von Naturverjüngung aus. Die Hauptbaumarten können sich ohne Schutz verjüngen und klimastabile Baumarten wie Tanne und Douglasie sollen zunehmend berücksichtigt werden. In den Jagdpachtverträgen habe man diese Ziele festgeschrieben. Die Belange der Waldwirtschaft haben Vorrang vor jagdlichen Zielsetzungen. Der Abschuss orientierte sich an der waldbaulichen Situation und richte sich an der Vermeidung von Wildschäden aus. Die natürliche oder künstliche Verjüngung der Hauptbaumarten Buche, Esche, Ahorn, Fichte, Douglasie, Weißtanne und Kiefer müsse in der Regel ohne Schutzmaßnahmen möglich sein. Der Stabilitätsverlust und die Risikosteigerung durch den Klimawandel, die Pflanzmaßnahmen, Zuwachsverlust und Schutzmaßnahmen sowie die Kontrolle und Maßnahmen durch Wildverbiss haben eine starke Auswirkung auf die ökonomischen und ökologischen Waldfunktionen. Ein Stufenmodell zeigt Lösungsansätze zur Sicherung der Tanne durch Einzelschutzmaßnahmen. Es gelte, die Einsicht der Jagdpächter zu gewinnen und die Jagdpächter zu motivieren den Abschuss zu erhöhen. Im Anschluss haben der Gemeinde- und Ortschaftsrat in nichtöffentlicher Sitzung über die Reduzierung des Wildverbisses und das vom Forstamt erarbeitete Stufenmodell zur Wildschadensreduzierung beraten.