Dieser marokkanische Säbel wurde bei der Besatzung von einem französischen Offizier zurückgelassen. Er befindet sich heute noch im Museum.
Das Jahr 2025 steht im Zeichen der Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren. Ein ganzes Menschenleben trennt uns zwischenzeitlich von diesen Ereignissen. Immer weniger Zeitzeugen erinnern sich an die Tage im April und Mai 1945. Stadtarchivar Ludwig Henzler und der Heimatverein haben in intensiver Recherche dieses welt- und stadtgeschichtlich höchst bedeutende Ereignis des zu Ende gehenden Krieges und den unter schwierigen Vorzeichen stehenden Neuanfang fundiert aufgearbeitet.
Im Herbst dieses Jahres werden Stadtarchivar Ludwig Henzler, der Heimatverein und die Stadtverwaltung gemeinsam zu einem Vortrag einladen, damit die Erinnerung an das vermutlich dunkelste Kapitel deutscher Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.
Zugleich soll auch die Erinnerung an die riesige Leistung aller wach gehalten werden, die unser geschundenes und zu recht geächtetes Land wiederaufgebaut und zu einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat entwickelt haben. Es war ein unglaublich harter und steiniger Weg, damit aus unserem zerstörten Land in den 80 Jahren nach dem Ende des 2. Weltkrieges eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt geworden ist, in der die persönlichen Freiheitsrechte und Menschenrechte in hohem Maße geachtet werden.
Das Stadtarchiv gibt folgenden Einblick in die letzten Tage des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs:
Im Gegensatz zu Nendingen und Tuttlingen fielen bis zum Ende des Krieges keine Bomben, doch wurde noch am 14. April 1945 im Birkenloch ein Güterzug von französischen Jagdfliegern angegriffen. Am 21. April gegen 11.00 Uhr rückten von Kolbingen her französische Panzer an und nahmen die Stadt kampflos ein. Dies wäre auf Grund der aussichtslosen Lage auch sinnlos gewesen, zumal die Franzosen damals an dem heutigen Schönenberger Weg mit einem Teil ihrer Panzer in Stellung gefahren waren und beim geringsten Widerstand das Städtchen sicherlich sofort unter Beschuss genommen hätten.
Abgesehen von kleineren Plünderungen, Viehdiebstählen und politischen Verhaftungen blieb die Bevölkerung Mühlheims in jenen wirren Tagen vor Schlimmerem bewahrt. Aus tiefer Dankbarkeit errichteten die Gläubigen gleich nach dem Zusammenbruch das alte holzgeschnitzte Feldkreuz im Ostertal wieder auf. Die Jahreszahl ist heute noch am Kreuz zu sehen.
Gleich am 21. April erging von der Besatzung folgender Bekanntmachungsbefehl: bis zur Ankunft der französischen Militärbehörde übernimmt bis auf weiteres Herr Josef Schmitt das Amt des Bürgermeisters. Der ehemalige Bürgermeister ist von seinem Amt enthoben.
Verfügungen:
Um die allgemeine Ruhe zu sichern, wird der neu eingesetzte Bürgermeister die Verhaftung und Sicherstellung von gefährlichen Elementen ausführen. Alle Waffen und Munitionen werden am Rathaus abgeben. Würde nach dieser Bekanntmachung sich in einem Haus eine Waffe oder Munition finden lassen, wird das Haus zerstört und ihre Insassen erschossen. Ausgehverbot von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens. Ansammlungen von mehr als drei Personen sind verboten.
Die Partei und sämtliche Angliederungen sind selbstverständlich aufgelöst und deren Führer sicherzustellen.
Der Ortskommandant: Duwval
Am 23. April kamen polnische Soldaten und eine französische Sanitätsabteilung nach Stetten.
Am 7. Mai wurde vom Bürgermeister Schmitt folgende Bekanntmachung ausgegeben „Es wird erwartet, dass die gesamte Einwohnerschaft, insbesonders die Jugend eine tadellose Haltung gegenüber der französischen Besatzung zeigt.“ Französische Offiziere und Soldaten seien zu grüßen. Außerdem untersagte Schmitt Ansammlungen, besonders für die weibliche Jugend.
In einem Lagebericht schreibt der damalige Bürgermeister von Stetten unter anderem „Man ist ganz zufrieden, weil die Kommandantur die Ordnung und Sicherheit aufrecht hält und weil die Truppe alles bezahlt, was sie bedarf“. Ähnlich schreibt der am 25. September 1945 eingesetzte Bürgermeister Häcker über die Lage. „Es ist zu bescheinigen, dass das Verhalten der französischen Offiziere und der Truppe korrekt und angenehm war. Die Gemeinde hat sich über Requisitionen nicht zu beklagen“.
Der Alltag mit der Besatzung verlief ohne große Schwierigkeiten. Anbei noch ein Befehl von Bürgermeister Häcker aus dem Januar 1946 an den Müller Christian Leibinger von der unteren Mühle: „Sie haben für den Ortskommandanten wieder einen Zentner Weißmehl an die Bäckerei Rudolf Leibinger zu liefern. Es sollte aber alsbald geliefert werden, da das letzte anlässlich der Hochzeitsfeier des Herrn Kommandanten aufgebraucht ist. Das Mehl sollte diesmal besser sein; das letzte wurde beanstandet“.
7. Februar 1946: Bekanntmachung des französischen Platzkommandanten von Mühlheim: „Da ich als Platzkommandant bald an einen anderen Platz eingesetzt werde, möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich mich stets für das Wohl der Gemeinde eingesetzt habe. Zur gleichen Zeit danke ich allen für die gute Haltung und bitte, sich immer ehrlich und korrekt gegen die französischen Behörden und Truppen zu verhalten. Da meine Tätigkeit ohne Zwischenfall verlaufen ist, wird sie mir in guter Erinnerung bleiben.
Für die Zukunft möchte ich alles Gute wünschen.
Le Commandant de la Place de Mühlheim“