Start der Innensanierung ungewiss

 

Das Mühlheimer Rathaus gilt als eines der anschaulichsten und am besten erhaltenen Beispiele im Land für gotischen Fachwerkstil. Unter der Regie von Verbandsbaumeister Aldo Menean und von Projektleiter Gottlieb Riedinger wurde in den vergangenen beiden Jahren die Fassade umfangreich restauriert und mit einem neuen diffusionsoffenen Farbanstrich auf Leinölbasis versehen. Die handwerkliche Qualität der Arbeiten ist hervorragend. Lediglich bei den Fensterbauarbeiten gab es größeren Nachbesserungsbedarf. Dies Mängelbeseitigung ist mittlerweile abgeschlossen. Auch die weiteren noch ausstehenden Restarbeiten sind abgeschlossen mit Ausnahme der neuen Leuchten in der Säulenhalle. Diese wurden nach historischen Vorbildern individuell passend zum Charakter des Mühlheimer Rathaus von Kunstschmied Peter Klink aus Denkingen vom Gemeinderat beauftragt. Noch vor den Sommerferien werden diese installiert. Die Kosten für die Außensanierung der Fassade betragen 641.000 Euro. Die sind erfreulicherweise 100.000 Euro weniger als in der Kostenberechnung von Gottlieb Riedinger ermittelt. An Zuschüssen aus unterschiedlichen Quellen fließen insgesamt 280.000 Euro. Folglich beträgt der städtische Eigenanteil rund 361.000 Euro.

 

Bedingt durch notwendige Öffnungen im Obergeschoss bzw. im Dachstuhl des Rathauses während der Außensanierungsarbeiten, wurden Zug um Zug durch weitere Teilöffnungen von Bauelementen die teils eklatanten statischen Defizite des Gebäudes erkennbar. Vorher konnte man dies nicht prüfen, da das Gebäude ja intensiv seitens der Stadtverwaltung genutzt wurde. Von Rückbau des Giebels Richtung Hintere Straße bis hin zu weiteren Umbauten im Laufe der vergangenen rund 200 Jahre, wurden dem Gebäude große Schäden zugefügt. Diese hätten langfristig auch die Tragfähigkeit des Gebäudes gefährdet. Aus Verantwortung gegenüber dem Kulturdenkmal von herausgehobener Bedeutung und den nach uns kommenden Generationen, gab es weder für das Verbandsbauamt, noch die Verwaltung oder den Gemeinderat eine Option über diese Defizite hinwegzusehen und diese, wie bei vorherigen Sanierungen oder Umbauten, notdürftig zu kaschieren. Das Rathaus steht symbolisch für eine enge Verbundenheit der Mühlheimerinnen und Mühlheimer zu ihrer Stadt, für Bürgerstolz und für eine selbstbewusste Bürgerschaft. Der Gemeinderat hat sich stets einhellig zu seiner Verantwortung bekannt das im 15. Jahrhundert errichtete Gebäude für zukünftige Generationen zu erhalten.

Dennoch ist es eine schockartige Erfahrung gewesen, als Ende vergangenen Jahres in der Kostenberechnung für das Sanierungskonzept des Rathausinnenlebens die Summe von 1,5 Millionen Euro ermittelt worden ist. Bei genauerer Überlegung sowie Erläuterung des Umfangs und der Komplexität der durchzuführenden Arbeiten, wird dieser Aufwand nachvollziehbar, zumal derzeit zwei vergleichbar große Kommunen wie Mühlheim im Landkreis Tuttlingen ihre Rathäuser generalsanieren bzw. umbauen und dies mit Kosten von 3,3 Millionen Euro bzw. 3,2 Millionen Euro einhergeht.

Das Rathaus ist aktuell komplett entkernt und hat innen einen Rohbaucharakter. Seitens des Landes sind zwischen 50.000 Euro und 100.000 Euro an Zuschuss zu erwarten, seitens der Kreditanstalt für Wiederaufbau bis zu 205.700 Euro. Zusätzlich wurde ein Antrag auf Förderung aus dem Ausgleichsstock in Höhe von 400.000 Euro gestellt. Leider wurden seitens des Landes in Bezug auf den Mitte Januar gestellten Förderantrag bis zum heutigen Tag keine inhaltlichen Fragen an die Stadtverwaltung oder das Verbandsbauamt gestellt. Der Antrag auf einen zuschussunschädlichen vorzeitigen Maßnahmenbeginn wurde sogar ohne Begründung abgelehnt. Es ist derzeit vollkommen ungewiss, wann über den Förderantrag entschieden wird und zu welchem Ergebnis das Regierungspräsidium Freiburg als prüfende Behörde kommen wird.  Der für Frühjahr dieses Jahres mögliche Baubeginn, verzögert sich somit um mindestens ein Jahr. Die Bauzeit wird 12 bis eher 15 Monate betragen. Folglich wird die Verwaltung frühestens im Sommer 2026 wieder zurück in das Rathaus umziehen können. Das wären deutlich länger als vier Jahre nach dem Auszug in das Vordere Schloss im Februar 2022.

 

Da es weiter ungewiss ist, wann wieder mit den Bauarbeiten begonnen werden kann, bietet die Stadtverwaltung zusammen mit dem Heimatverein eine zweigeteilte Informationsveranstaltung am 18. September an. Zunächst werden Aldo Menean und Gottlieb Riedinger durch das Rathaus führen. Im Anschluss wird Bauhistoriker Burghard Lohrum im Vorderen Schloss die zentralen Erkenntnisse über die Baugeschichte des Mühlheimer Rathauses vorstellen. Es ist das erste Mal in der langen Geschichte dieses Kulturdenkmals, dass dessen Baugeschichte nach wissenschaftlichen Maßstäben aufgearbeitet worden ist. Nähere Informationen zu beiden Teilveranstaltungen erfolgen rechtzeitig über das donnerstags, die Homepage und die Tageszeitung. Aus Sicherheitsgründen ist die Führung im Rathaus auf maximal 25 Personen begrenzt.

 

Die Sanierung des Rathauses ist für den Gemeinderat, die Stadtverwaltung, das Verbandsbauamt, Stadtarchivar Ludwig Henzler, den Heimatverein sowie allen beteiligten externen Experten und Handwerkern eine Herzblutaufgabe. Als Tenor bei allen Beteiligten herrscht die Grundhaltung vor: „wir sind verpflichtet das Kulturdenkmal nach bestem Wissen und Gewissen zu sanieren. Es darf und wird keinen Luxus im neu sanierten Rathaus geben, aber alles, was gemacht wird, ist auf Langlebigkeit auszurichten, damit unser Rathaus noch möglichst viele weitere hunderte Jahre das Zentrum der historischen Oberstadt bilden kann“.