Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

seit fast einem Jahr wird unser aller Leben sehr stark durch die Coronapandemie und die hiermit verbundenen zwingend notwendigen Einschränkungen geprägt. Dies ist eine Zumutung für unsere persönliche Freiheit  und  eine große Belastung für uns alle. Wir alle sind des Lockdowns müde und sehnen uns immer stärker nach Normalität. Das ist menschlich und verständlich. Solange die Impfmöglichkeiten leider noch so beschränkt sind und es keine wirksamen Medikamente zur Linderung einer Covid-19-Erkrankung gibt, ist der einzige wirksame Schutz unser persönliches Verhalten. Kontakte so gering wie möglich zu halten, Abstand zu halten, sich und andere durch eine Maske zu schützen und Hygieneregeln einzuhalten, sind die wirksamsten und derzeit leider auch weitgehend die einzigen Waffen gegen das tödliche Virus.

 

Wie heimtückisch und ansteckend der Virus ist, haben wir schmerzhaft in unserem Altenzentrum St. Antonius erfahren müssen. Trotz höchster Hygiene- und Sicherheitsstandards und einem fast übermenschlichen Einsatz der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter  mussten wir über 30 Infektionen und mehrere Todesfälle beklagen. Niemand ist vor einer Ansteckung gänzlich gefeit, selbst wenn er die Vorschriften sorgfältig und konsequent einhält. Der Virus ist sehr leicht übertragbar und kann vielfach tödliche Folgen haben. In Deutschland sind 57.160 Menschen an bzw. mit Covid-19 gestorben, 102 Menschen in unserem Landkreis und neun in unserer Stadt (Stand 31.01.2021). Alles  Menschen, die gerne weitergelebt hätten und deren Angehörige in großer Trauer über den schmerzlichen Verlust sind. Jeder fünfte Mensch über 80 Jahre überlebt eine Covid-19 Neuinfektion nicht. Dies ist kein Horrorszenario, sondern bittere Realität.

 

Am 16. Januar ist im Rahmen einer Wanderung mit 14 Personen aus zehn Haushalten und anschließender Einkehr ein massiver und vollkommen inakzeptabler Verstoß gegen die Coronaverordnung vorgefallen. Wir verurteilen dieses  unverantwortliche Verhalten auf das Schärfste. Erschwerend kommt aus Sicht des Landratsamtes als ermittelnde Behörde hinzu, dass offenkundig bewusst falsche und unvollständige Angaben bei der Kontaktnachverfolgung gemacht worden sind. Nicht nur in dem konkreten Fall, sondern generell auch bei anderen Verstößen im Landkreis. Hierdurch wird die buchstäblich lebenswichtige Arbeit des Gesundheitsamtes Infektionsketten zu erkennen und möglichst im Keim zu unterbrechen erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Diese Wanderung wurde, nach allem was das Gesundheitsamt und die Polizei ermittelt hat, ausdrücklich nicht  von einem Verein organisiert.

Weiterhin wurden offenkundig Quarantäneauflagen nicht eingehalten und zumindest im Einzelfall weiter am  Arbeitsleben teilgenommen. Angesichts dieses  Umfangs und Qualität  an Verstößen sowie unverantwortlichem Handeln, hat das Landratsamt die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. In der hervorragenden Videobotschaft unseres Landrats Stefan Bär vom vergangenen Freitag, hat dieser in aller Deutlichkeit und Klarheit dieses Extrembeispiel zum Anlass genommen, um uns alle aufzurütteln. Zum einen wird es eine harte und unnachgiebige Bestrafung dieser und aller anderen Verstöße gegen die Coronaverordnung geben. Zum anderen müssen wir uns klar sein, dass solche und andere Verstöße gegen die Coronaregeln gravierende Folgen für unsere Stadt und unseren Landkreis haben können. Wir haben aktuell eine 7-Tage-Inzidenz von 91 in Deutschland, von 74 in Baden-Württemberg und von 114 im Landkreis Tuttlingen (Stand 31.01.2021). In Mühlheim liegt die 7-Tage-Inzidenz  bei fast 1000. So wie unser Landrat ausgeführt hat, wird es vermutlich die große Politik in den kommenden Wochen beschließen: es wird schrittweise und inzidenzabhängige Öffnungen geben. Kindergärten, Schulen, Einzelhandel, Gastronomie und Vereinsaktivitäten dürfen voraussichtlich zunächst in den Regionen mit niedrigen Inzidenzen wieder öffnen bzw. stattfinden. Niemand kann es  wollen, dass unsere Kindergärten, Schulen oder Wirtshäuser erst mehrere Wochen später als in anderen Landesteilen wieder öffnen dürfen, weil wir im Landkreis Tuttlingen unsere Infektionszahlen nicht eingedämmt bekommen. Jede Woche  Verlängerung des Lockdowns gefährdet zudem Arbeitsplätze und damit die Basis für unseren Wohlstand. Dieser ist nicht Gott gegeben und nicht vom Himmel gefallen. Unsere Unternehmen können es sich auf Dauer nicht leisten, dass durch Quarantäneanordnungen vielfach Mitarbeiter nicht arbeiten dürfen und Aufträge nicht fristgerecht bedient werden können.

 

Dieser Vorfall hat dem Ansehen unserer Stadt, aber auch unseres Landkreises stark geschadet. Wir müssen diesen zum Anlass nehmen unsere eigene Verantwortung noch stärker wahrzunehmen. Jede und jeder von uns kann und muss noch konsequenter die Regeln befolgen. Nur so können wir in absehbarer Zeit wieder ein größeres Stück an Freiheit und Normalität zurückerhalten. Benennen wir den Vorfall deutlich und mit aller berechtigter Kritik sowie Unverständnis. Eine sehr harte  und abschreckende Bestrafung, wie von Landrat Bär angekündigt, ist richtig und notwendig.

Seien wir aber nicht maßlos in unserer Selbstgerechtigkeit, sondern verhalten wir uns alle so, wie wir es von unseren Nachbarn, Arbeitskollegen und Freunden zu Recht erwarten: konsequent alle Regeln einhaltend und immer daran denkend, dass  Fehlverhalten Gesundheit, Leben, Bildungschancen und Arbeitsplätze konkret gefährdet und folglich nicht hinnehmbar ist.

 

Mühlheim, 01. Februar 2021

 

Thomas Berchtold, Jens Höpfl, Uwe Keller, Oliver Lang, Rainer Langeneck, Simone Langeneck, Andrea Lux, Reiner Milkau, Sabine Oswald, Marc Pistor, Martina Schänzel, Kim-Oliver Schöck, Norbert Schweitzer, Oliver Teufel, Georg Tribelhorn, Franz Waizenegger, Maximilian Waizenegger, Maria-Lena Weiss sowie Bürgermeister Jörg Kaltenbach und Ortsvorsteher Emil Buschle