Stadtverwaltung Mühlheim/Donau

Allgemeinverfügung zum Verbot von Veranstaltungen ab 50 Teilnehmern und zur Teilnehmerregistrierung und Meldepflicht von Veranstaltungen unter 50 Teilnehmern anlässlich der Atemwegserkrankung SARS-CoV-2 (Corona-Virus)

17.03.2020

Die Stadt Mühlheim erlässt aufgrund von § 28 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz (IfSG), § 1 Abs. 6 der Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGZustV) und § 35 Abs. 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) für die Stadt Mühlheim folgende

Allgemeinverfügung Veranstaltungen

 

Allgemeinverfügung:

 

  1. Veranstaltungen mit 50 und mehr Teilnehmern werden im gesamten Stadtgebiet Mühlheim untersagt.

 

  1. a) Bei allen gewerblichen oder öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit weniger als 50 Personen im Stadtgebiet Mühlheim, ist der Veranstalter dazu verpflichtet, eine Teilnehmerliste mit Name, Adresse und Telefonnummer der Besucher zu führen.                                                                   b) Bei allen gewerblichen oder öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit weniger als 50 Personen im Stadtgebiet Mühlheim, ist der Veranstalter dazu verpflichtet, die Veranstaltung eine Woche vor Beginn bei der Stadt Mühlheim anzuzeigen. Unmittelbar bevorstehende Veranstaltungen sind sofort anzuzeigen.

 

  1. Die unter Ziffer 2 genannten Veranstaltungen können im begründeten Einzelfall ebenfalls untersagt werden.

 

  1. Die Anordnungen nach Ziffer 1 und 2 treten mit Bekanntgabe in Kraft und sind zunächst bis einschließlich 30.04.2020 befristet.

 

  1. Diese Verfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar.

 

  1. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung stellen eine Straftat dar und können mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden (§ 75 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 3 IfSG).

 

Begründung:

Rechtsgrundlage für das Verbot von Veranstaltungen mit 50 und mehr Teilnehmern (Ziffer 1) ist § 28 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 1 Abs. 6 der Verordnung des Sozialministeriums über die Zuständigkeiten nach dem IfSG (IfSGZustV) und § 35 Satz 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVbVfG).

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, das ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, beschränken oder verbieten (§ 28 Abs. 1 Satz 2 (IfSG).

Das Verbot entsprechender Veranstaltungen ist erforderlich im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 (IfSG). Der Virus SARS-CoV-2 breitet sich in Deutschland und Baden-Württemberg immer weiter aus. Zwar werden im Stadtgebiet Mühlheim noch keine entsprechenden Viren nachgewiesen, allerdings erscheint es nur noch eine Frage der Zeit, zumal im Landkreis und in angrenzenden Landkreisen entsprechende Infektionen bereits nachgewiesen wurden. Hinzu kommt, dass südliche Teile des Elsass zwischenzeitlich als Risikogebiet ausgewiesen wurden.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die zu verbietenden Veranstaltungen ihr Publikum auch weit über die Kreisgrenzen finden. Ebenso haben die vergangenen Wochen gezeigt, dass eine effektive Bekämpfung des Virus vorausschauende Abwehrmaßnahmen verlangt. Deshalb sind entsprechende Maßnahmen bereits vor dem lokalen Nachweis entsprechender Infektionen zu ergreifen. Schließlich ist im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung in Ansatz zu bringen, dass die Bevölkerung vor erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit zu schützen ist. Dementsprechend geringere Abforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen.

Es liegt auf der Hand, dass andere Maßnahmen als das ausgesprochene Verbot eine Ausbreitung des Corona-Virus nicht vergleichbar effektiv verhindern mögen. Insbesondere ist es nicht ausreichend, die Veranstaltungen ab 50 Teilnehmern unter Anordnung von Auflagen stattfinden zu lassen, weil die Risiken durch begleitende Maßnahmen (wie z.B. Händedesinfektion) dabei nicht vergleichbar effektiv beseitigt wären. Auch eine Rückverfolgung der Teilnehmer bei einer Veranstaltung ab 50 Teilnehmern seitens des Gesundheitsamtes ist kaum bis gar nicht zu bewältigen. Deswegen hat uns das Gesundheitsamt die Empfehlung ausgesprochen, Veranstaltungen ab 50 Teilnehmern zu vermeiden. Nach alledem ist die Untersagung der betreffenden Veranstaltungen jedenfalls bis einschließlich 30.04.2020 erforderlich.

Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Den wirtschaftlichen Einbußen stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der unkontrollierten und nicht mehr nachverfolgbaren weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen unstreitig die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung.

Als Rechtsgrundlage für die Auflage von Teilnehmerlisten bei Veranstaltungen mit unter 50 Teilnehmern (Ziffer 2a) kommt § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, § 1 Abs. 6 der IfSGZustV und § 35 Abs. 2 LVwVfG in Betracht.

Auch bei Veranstaltungen von unter 50 Teilnehmern ist die Gefahr der Infizierung und Weitergabe des Virus immer noch hoch, weswegen hier die verhältnismäßige Auflage einer Teilnehmerliste in Betracht kommt.

Bei Veranstaltungen unter 50 Teilnehmern ist die Rückverfolgung der Kontakte durch die Teilnehmerlisten einfacher, wodurch rückwirkend alle Kontaktpersonen im Falle eines Infizierten rückverfolgt werden können. Durch diese Rückverfolgung kann letztendlich eine Verbreitung des Virus verlangsamt oder sogar verhindert werden. Eine Verhältnismäßigkeit des Verbotes von Veranstaltungen unter 50 Personen sehen wir unter aktuellem Stand der Sachlage noch nicht, da dies einer privaten Veranstaltung gleicht. Nach alledem ist die Auflage der betreffenden Veranstaltungen von unter 50 Teilnehmern ebenfalls bis einschließlich 30.04.2020 erforderlich.

Die Auflage ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Es gibt hier keine wirtschaftlichen Einbußen, es muss lediglich der Aufwand der Passkontrolle sowie des Notierens der Daten betrieben werden. Durch die Identitätsfeststellung kann im Falle einer Infizierung im Nachhinein die Kette der Kontaktpersonen rückverfolgt werden. Dem stehen erhebliche gesundheitliche Gefahren bei der teils unkontrollierten weiteren Verbreitung des Corona-Virus gegenüber. Bei der Abwägung überwiegen unstreitig die Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit des Einzelnen sowie des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung.

Als Rechtsgrundlage für die Anzeige von Veranstaltungen mit wenige als 50 Teilnehmern (Ziffer 2b) kommt § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, § 1 Abs. 6 der IfSGZustV und § 35 Abs. 2 LVwVfG in Betracht.

Die Anzeigepflicht ist hierbei ebenfalls wichtig, um im Falle eines Infizierten, eine Rückverfolgung der Veranstaltungsteilnehmer durchzuführen. Außerdem wird der Ortspolizeibehörde dadurch ein Überblick über die Veranstaltungen und dem damit einhergehenden erhöhten Risiko der Infektionsgefahr verschafft.

Die mit dieser Allgemeinverfügung angeordnete Meldepflicht ist verhältnismäßig. Sie ist erforderlich und geeignet, um das Risiko einer weiteren Übertragung einzuschränken, ohne dabei das öffentliche Leben gänzlich zum Stillstand zu bringen. Mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks im Zusammenhang mit der Teilnehmerliste sind nicht ersichtlich. Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da die Einschränkungen durch die Meldepflicht nicht außer Verhältnis zum angestrebten Schutz hochwertiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung stehen.

Diese Verfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, vgl. § 28 Abs. 3 i.v.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Ein etwaiger Widerspruch hat somit keine aufschiebende Wirkung.

 

Bekanntgabe

 Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Abs. 3 LVwVFG ortsüblich bekannt gemacht, da eine Bekanntgabe an die Beteiligten aufgrund der Sachlage untunlich ist. Nach § 41 Abs. 4 Satz 4 LVwVFG gilt die Allgemeinverfügung am Tag nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Die Allgemeinverfügung kann auf der Homepage der Stadt Mühlheim abgerufen und eingesehen werden.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bei der Stadt Mühlheim, Hauptstr. 16, 78570 Mühlheim ‚Widerspruch eingelegt werden. Die Frist gilt auch als gewahrt, wenn der Widerspruch rechtzeitig beim Regierungspräsidium Freiburg, Bissierstraße 7, 79114 Freiburg, eingelegt wird.

Das Verwaltungsgericht Freiburg, Habsburgerstr. 103, 79104 Freiburg i.B. kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig.

 

Mühlheim, 17.03.2020

 

 

 

Jörg Kaltenbach

Bürgermeister