Rund 120 Bürgerinnen und Bürger sind der Einladung des Gemeinde- und Ortschaftsrates zur Informationsveranstaltung zum Thema Mobilfunk gefolgt. Hauptredner war Prof. Dr. Jürgen Anders von der Hochschule Furtwangen und Leiter des Zentrums für Infrastrukturen und Breitbanddienste Baden-Württemberg. Unter seiner Federführung wird im Rahmen des Modellprojekts „Digitaler Landkreis Tuttlingen“ in Mühlheim und weiteren drei Kreisgemeinden exemplarisch eine Konzeption für einen möglichen Ausbau nach dem neuesten Mobilfunkstandard 5G erarbeitet.
Weitere Referenten waren der Kommunalbeauftragte Mobilfunk der Telekom, Ingo Reinhardt, Prof. Dr. Michael Frey als Partizipationsexperte und Leiter des Kehler Instituts für angewandte Forschung im Bereich der Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft, Philipp Hilsenbeck als Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg und Jörg Sattelmayer als Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung des Landratsamtes Tuttlingen. Die Einführung und Moderation übernahm Bürgermeister Jörg Kaltenbach. Prof. Anders zeigte in seinem Vortrag auf, dass die Nutzung mobiler Daten über das Smartphone in den vergangenen Jahren jeweils jährlich um rund 40 % angestiegen ist und deshalb der aktuelle Mobilfunkstandard 4G in sehr absehbarer Zeit an seine Leistungsgrenzen stoßen wird. Insbesondere die junge Generation nutzt zu etwa 80 % das Smartphone, um Internetdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Er macht auch deutlich, dass der Netzausbau von 5G zunächst in Großstädten erfolgen wird und der ländliche Raum aufpassen muss, um von dieser Zukunftstechnologie nicht abgehängt zu werden. Insbesondere für junge Bewohner und für Unternehmen wird ein perspektivischer Ausbau von 5 G aus Sicht von Prof. Anders ein maßgeblicher Standortfaktor werden.
Diese Auffassung vertrat auch Jörg Sattelmayer als Digitalisierungsexperte des Landratsamtes und Phillip Hilsenbeck von der IHK. Dieser verwies auf eine bedenkliche Entwicklung: Unternehmen hier in der Region würden derzeit vorwiegend Ersatzinvestitionen vornehmen. Man drohe die eigentlichen Zukunftsinvestitionen an das außereuropäischen Ausland zu verlieren. Für den Wirtschaftsstandort Schwarzwald-Baar-Heuberg wäre aus Sicht der IHK ein klares Bekenntnis zum Mobilfunkausbau ein notwendiges Signal für die Zukunftsfähigkeit der Region.
Einige Bürger äußerten massive Bedenken über mögliche Gefährdungen von Mobilfunkstrahlen für die Gesundheit des Menschen und der Tierwelt an und verwiesen auf umfangreiche Quellen im Internet. Prof. Anders ging in seinem Referat und in der intensiven Diskussionsrunde auf diese Bedenken und den Stand der Wissenschaft ein. „Jede Technologie, auch die 5G Technik, birgt ein Restrisiko. Auch ich sehe einen weiteren Forschungsbedarf, um diese Risiken möglichst wissenschaftlich fundiert belegen oder wiederlegen zu können. Gleichwohl rate ich Ihnen nicht von der Konzeption für einen 5G Ausbau Abstand zu nehmen. Die Welt wartet nicht auf Deutschland und den Landkreis Tuttlingen“, so Prof. Anders. Auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ging Prof. Dr. Frey ein. Dieser verwies darauf, dass die Telekommunikationsunternehmen grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf einen Ausbau haben. Sofern durch die öffentliche Hand nicht der Versuch unternommen werde den Ausbau strukturiert und möglichst schonend für die Belange der Bevölkerung vorzudenken, besteht die Gefahr, dass dieser ungeordnet und lediglich monetären Interessen folgend auf Privatgrundstücken unter der Federführung der Telekommunikationsunternehmen erfolgen werde.
Dieser wichtige und zugleich auch schwierige Prozess der Interessen- und Gefährdungsabwägung, wird im Mittelpunkt eines zweiten Workshops stehen. Die interessierte Bevölkerung ist herzlich eingeladen, sich an diesem zu beteiligen. Bis Mittwoch, 19. Februar um 12 Uhr können sich Interessenten bei der Stadtverwaltung unter Tel. 07463-99400 oder per E-Mail: info@muehlheim-donau.de melden. Die Auswahl der Workshopteilnehmer obliegt ausschließlich dem Partizipationsexperten Prof. Dr. Frey. Er wird den Workshop auch leiten und moderieren. Der Vortrag von Prof Dr. Anders ist auf der städtischen Homepage abrufbar.
Ingo Reinhardt von der Telekom ging auf den geplanten Standort für einen festen Mobilfunkmasten mit 4G-Technik im Bereich des Grieswegs ein. Er führte aus, dass die Telekom auf dringenden Wunsch des Gemeinderats zwei Standortalternativen geprüft habe: zum einen beim neuen Feuerwehrmagazin und zum anderem beim Kirchturm der Evangelischen Kirche. Der Standort beim Feuerwehrmagazin wird die Telekom nicht weiter verfolgen, weil dort eine der drei Sendesektoren keine Sendeleistung übernehmen könnte und die vorhandene Sendekapazität an diesem Standort bereits heute für die Vorstadt nicht ausreichen würde. Vom geographischen Standort wäre der Turm der evangelischen Kirche grundsätzlich geeignet. Durch die schmale und spitz zu laufende Bauweise des Turms könnte die Empfangs- und Sendetechnik nicht im Turminneren integriert werden. Folglich müsste diese weithin sichtbar außen am Turm montiert werden, was bei einem Kirchengebäude aus Akzeptanzgründen nicht vorstellbar ist. Die Telekom wird somit an dem Standort des firmeneigenen Grundstücks im Griesweg festhalten. Baurechtlich hat sie an diesem Standort einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung, weil der zum Einsatz kommende Mast eine Zulassung hat und die Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken eingehalten werden. Ein Einvernehmen des Gemeinderats ist nicht erforderlich.